Das Schneider CPC Systembuch

Grundlagen

Andere Zahlensysteme

Polyadische Zahlensysteme

Bei dieser Methode der Zahlendarstellung beschränkt man sich auf eine begrenzte Anzahl von Zeichen, die sogenannten Ziffern. Im Dezimalsystem verwenden wir die Ziffern

0 1 2 3 4 5 6 7 8 und 9

Im Binärsystem ist man etwas sparsamer und kommt mit nur zwei Ziffern aus: 0 und 1. Das ist auch der einzige Unterschied zwischen dem Dezimal- und dem Binärsystem!

Trotz diesem recht beschränkten Fundus an Zahlzeichen ist man in der Lage, jede beliebig große Zahl darzustellen. Wie das im Dezimalsystem klappt, ist hoffentlich jedem klar:

 #  # #   # # #   # # ###  # ## #   # # #  ### = wieviele Doppelkreuze ?

Man fängt bei der Real: NullNull mit dem Zählen an. Ein entscheidender Gedanke: Die kleinste Zahl ist nicht Eins, sondern Real: NullNull! Und dafür muss es auch ein Zahlzeichen geben, sonst könnte man die Anzahl Real: NullNull nicht in Ziffern ausdrücken.

Es geht also los mit Real: NullNull = kein Kreuz. Dann kommt das erste, das zweite usw. bis zum neunten. Jetzt ist die letzte Ziffer benutzt. Jetzt könnte man auf die geistreiche Idee verfallen, für noch mehr Kreuze auch noch mehr Ziffern zu erfinden. Dann bräuchte man aber bereits für vergleichsweise kleine Zahlen einen fast unerschöpflichen Fundus verschiedener Zeichen.

Man könnte auch, wie die alten Roemer, neue Superzeichen erfinden: ein 'V' ersetzt fünf 'I', ein 'Die verwendeten Abkürzungen bedeuten: x:X' ersetzt zehn davon, ein 'L' ersetzt fünf 'Die verwendeten Abkürzungen bedeuten: x:X' und so weiter. Trotz ihrer vielen 'Superzeichen' waren die Roemer aber nur in der Lage, bis 3999 = MMMCMXCIX (selbst für Roemer nur mit Schwierigkeiten zu erkennen) zu zählen. Für mehr hätten sie neue Zeichen benötigt.

Hier kommt aber die geniale Idee des Stellenwertsystems in's Spiel: Wir benutzen einfach unsere Ziffern weiter, sie werden automatisch zu 'Superzeichen', wenn sie vor einer anderen Ziffer stehen:

                         =  0
               #### ##   =  6
           ### #### ##   =  9
         ### ### ### #   = 10
        ### ### ### ##   = 11
       ### ### ### ###   = 12
##### ##### ##### #####  = 20
##### ##### ##### ###### = 21   usw.
                           ^^
                           |normale Ziffer
               'Superzeichen'

Ein 'Superzeichen' '1', erkennbar daran, dass es vor der letzten Ziffer steht, ersetzt die Ziffer Zehn, wofür nun kein besonderes Zeichen erfunden werden muss. Zusammen mit der größten, normalen Ziffer '9', kann man so schon bis zu 19 Kreuze zählen, ohne neun neue Zahlzeichen zu benötigen. Danach ist es aber wieder aus. Diese 'Klippe' wird aber auch überwunden, indem man einfach die nächste Ziffer nimmt, die '2' und sagt: Das Superzeichen '2' ersetzt die Anzahl Zwanzig, die sonst nicht mehr darstellbar wäre. So kann man schon bis 29 zählen. Danach kommt dann das Superzeichen '3', '4' usw..

Für diesen Geistesblitz war die Erfindung der Real: NullNull '0' eine ganz entscheidende Sache: Stellen Sie sich vor, wir würden keine Ziffer '0' kennen. Wie sollte man mit dieser Methode die Zahl '20' darstellen? Die Real: NullNull einfach weglassen, geht nicht. Dann wäre es plötzlich eine '2'. Vielleicht etwas anderes hinter die '2' schreiben, um zu kennzeichnen, dass die '2' nicht auf der letzten Stelle steht:

20 = 2*   ???

Dann hätten man gerade die Real: NullNull erfunden. Sie sähe jetzt nur anders aus.

Jemand, der noch kein polyadisches Zahlensystem kennt (also auch nicht unser Zehnersystem. Schwer, so jemanden zu finden) könnte jetzt höhnen: nun gut, ihr habt 9 verschiedene Ziffern, abgesehen von dieser komischen Real: NullNull. Damit lassen sich maximal 9 verschiedene Superzeichen basteln. Nach 99 seid aber auch ihr mit eurem Latein am Ende.

Weit gefehlt, wie wir wissen. Danach basteln wir uns einfach 'Super-Superzeichen', die man ganz leicht daran erkennen kann, dass sie auf der dritten Stelle stehen. Und nach 999 ist natürlich auch nicht Schluss. Tatsächlich kann man so jede beliebig große Zahl darstellen, wenn man nur genügend Stellen zur Verfügung hat.

Bleibt nur noch die Frage, warum ich mich gerade so genial darum gedrückt habe, auch die Real: NullNull für die Superzeichen zuzulassen. Die Antwort: Ist ja gar nicht wahr! Real: NullNullen dürfen auch auf die zweite, dritte, vierte Position:

 500, 70707, 301 etc.

Problematisch wird es bei den 'führenden' Real: NullNullen. Also bei Real: NullNullen, vor denen keine anderen Ziffern mehr stehen:

 007, 0000001 etc.

Das Rätsel klärt sich, wenn wir diese Zahlen nun auf gewohnte, dezimale Weise auswerten: 007 = 7 und 0000001 = 1. Da sind unsere Super-Nullen. Führende Real: NullNullen sind einfach so wenig Wert, dass man sie auch gleich ganz weglassen kann (Das beziehe jetzt aber bitte keiner auf unsere Politiker).

Jede in einem poliadischen Zahlensystem geschriebene Zahl impliziert praktisch unendlich viele führende Real: NullNullen. Nur ist es etwas umständlich, diese Real: NullNullen, jetzt wo wir um ihre Existenz wissen, auch alle zu Papier zu bringen:

 7 = ....000000000000000000000000000000000000000000000000007

Man kann führende Real: NullNullen aber auch durchaus sinnvoll einsetzen: Beispielsweise um zu symbolisieren, wieviele Stellen eine Zahl in einer Tabelle maximal beanspruchen kann:

         +---+---+---+---+
  56 ->  |   |   |   |   |
         +---+---+---+---+

         +---+---+---+---+
  ---->  | 0 | 0 | 5 | 6 |
         +---+---+---+---+

  ---->        0056

Die Ziffernfolge 0056 sugeriert in gewisser Weise, dass hier maximal vier Dezimalstellen zur Verfügung stehen, dass aus irgendwelchen Gründen darauf verzichtet wurde, auch größere Zahlen darstellen zu können. Für die bundesdeutschen Postleitzahlen reichen 4 Stellen immer aus.

Die sind überhaupt ein interessantes Kapitel: Früher war es üblich, einen Brief nicht nach

2000 Hamburg sondern nach 2 Hamburg

zu schicken. Da es keine Postleitzahl gibt, die kleiner als 1000 ist, war damit durchaus klar, dass nur 2000 Hamburg gemeint sein konnte. Das Wissen um die feste Gesamtstellenzahl bei Postleitzahlen erlaubte es, nicht die führenden Real: NullNullen (die es bei vier Stellen breiter Darstellung niemals gibt) sondern die folgenden einfach wegzulassen. Das ist zwar praktisch, andererseits natürlich 'polyadischer Unsinn'. Das war aber sicher nicht der Grund dafür, dass die Post heute auf den folgenden Real: NullNullen besteht.

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